Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt

Nach § 19 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dürfen Vermiter:innen Wohnungssuchende nicht aufgrund der Merkmale u. A. Religion, Herkunft und Geschlecht diskriminieren und müssen ein diskriminierungsfreies Bewerbungsverfahren gewährleisten. Dies gilt sowohl für öffentliche als auch private Vermieter:innen. Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt ist also rechtlich verboten und kann auch nicht aufgrund des Eigentumsrechts der/des Vermieter:in anders gewertet werden.

Grundsätzlich haben Betroffene keinen Anspruch auf Abschluss eines anschließenden Mietvertrages, wenn sie eine Diskriminierung nachweisen. Hier ist die Rechtsprechung im Antidiskriminierungsrecht aber nicht fortentwickelt, sodass keine abschließende Antwort gegeben werden kann (Stichwort „Kontrahierungszwang“).

Vielmehr haben Diskriminierte Wohnungssuchende einen Entschädigungsanspruch nach § 21 AGG. Bisher haben Gerichte Entschädigungen an klagende Wohnungssuchende in Höhe von 1.000 – 3.000 EUR zugesprochen. Je nachdem, wie die diskriminierende Situation aussieht, sind Entschädigungen höher oder niedriger zu bewerten und kann erst nach individueller Beratung bestimmt werden.

 

Urteile: Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt

Urteile in diesem Feld gibt es nicht allzu viele, da die Nachweisbarkeit in vielen Fällen nicht gelingt. Drei Urteile sind aber bekannt:

Amtsgericht Hamburg-Barmbek: Urteil vom 03.02.2017 – 811b C 273/15

Eine Wohnungsinteressentin mit türkisch klingendem Namen bewarb sich bei einer Wohnungsbaugesellschaft und erhielt Absagen. Da sie eine Diskriminierung aufgrund ihres Namens vermutete, sandte ein Bekannter E-Mails mit identischem Bewerbungstext für dieselben Wohnungen mit erfundenen deutschen und türkisch klingenden Namen an den Vermieter. Das Ergebnis: Die Bewerbungen mit den deutsch klingenden Namen erhielten Einladungen zu den Besichtigungen, für die türkisch klingenden Namen nicht. Das Gericht urteilte, dass die Beklagte Vermieterin drei Monatsmieten (1.000 EUR) als Entschädigung zahlen musste.

Amtsgericht Augsburg: Urteil vom 10.12.2019 – 20 C 2566/19 –

Wegen Diskriminierung einesMietinteressenten muss ein Wohnungseigentümer 1.000 Euro Entschädigung an den aus Afrika stammenden Mann zahlen. Dies entschied das Amtsgericht Augsburg und verfügte zudem, dass der Vermieter nicht noch einmal ein Inserat mit einer Formulierung aufgeben dürfe, wonach er nur „an Deutsche“ vermiete. Ansonsten droht dem Eigentümer ein hohes Ordnungsgeld. 

„Diese offene Benachteiligung von Ausländern ist schlichtweg nicht hinnehmbar“, sagte der Richter in seiner Verkündung

Die Androhung des Ordnungsgeldes bzw. -haftes dient dazu, den Vermieter davon abzuhalten, weitere Diskriminierungen vorzunehmen.

AG Berlin Charlottenburg: Urteil vom 14.01.2020 – 203 C 31/19

Ein wohnungssuchender Mann mit türkisch klingenden Namen bewarb sich auf zwei Wohnungen, einmal jeweils mit seinem richtigen Namen, einmal jeweils mit einem fiktiven deutschen. Der Kläger mit dem türkischen Namen erhielt stets eine Absage, währenddessen er mit seinem falschen deutschen Namen die Möglichkeit zur Besichtigung als Antwort erhielt. Hier wurden dem Kläger eine Entschädigung von 3.000 EUR zugesprochen.

 

Wie weist man eine Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt nach? Das Testing Verfahren.

Da davon ausgegangen werden muss, dass ein Großteil der Diskriminierung nicht offensichtlich, sondern für die Betroffenen verdeckt abläuft, ist es nicht einfach, dem tatsächlichen Ausmaß auf die Spur zu kommen. Hierzu bieten sich sogenannte Testing-Verfahren als Methode der Sichtbarmachung an. Bei dieser Methode bewerben sich zwei Personen um eine Wohnung, die sich in weitestgehend gleichen. In dem zu untersuchenden Merkmal – wie bspw. dem ethnischen Hintergrund oder der Religionszugehörigkeit – unterscheiden sie sich. Kommt es zu benachteiligendem Verhalten gegenüber einer der beiden Personen, kann dies als Hinweis auf Diskriminierung gewertet werden. Auch Gerichte nehmen diese Testing Ergebnisse als Indiz einer Diskriminierung wahr.

Schriftliche Testings, z. B. in einem Online-Formular oder per E-Mail bieten sich hier an, da der Nachweis in einem Gerichtsverfahren festgestellt werden kann

 

Aktuell: Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt durch die städtische Bremer Wohnungsbaugesellschaft Brebau

Die städtische Bremer Wohnungsbaugesellschaft Brebau diskriminiert offenbar systematisch Menschen bei der Wohnungssuche. Das geht aus internen schriftlichen Anweisungen hervor, die buten un binnen vorliegen. Demnach sollen etwa Bewerberinnen und Bewerber, die ihre Wurzeln außerhalb Deutschlands haben, gezielt von Brebau-Wohnungen ferngehalten werden. Rechtlich wurde dieser Fall noch nicht durch ein Gericht … Weitere Informationen >

 

STUDIE: Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes veröffentlichte 2015 eine Studie zur Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt. Ihren Umfragen zur Folge fühlen sich etwa 70 % der Befragten aus rassistischen Gründen diskriminiert. 

Forschung der ADS auf einen Blick: Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt. Strategien zum Nachweis rassistischer Benachteiligungen. Hier geht es zur Studie >

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